Schulstraßen & Schulzonen: Aktiv gegen das Elterntaxi-Chaos

Mit dem neuen Erlass des Landes können Kommunen Schulstraßen und Schulzonen einfacher einrichten. So werden Schulwege sicherer, Elterntaxis reduziert und Kinder gewinnen mehr Selbstständigkeit. Wir erklären die rechtlichen Neuerungen und zeigen erfolgreiche Beispiele aus Baden-Württemberg.

Warum Schulstraßen und Schulzonen jetzt Thema sind

Hupende Autos, Stau und riskante Wendemanöver vor dem Schultor – sogenannte Elterntaxis sorgen morgens und mittags vor vielen Schulen für Stress und gefährliche Situationen. Das Verkehrsministerium BW schafft mit dem aktuellen Erlass zu Schulstraßen und Schulzonen rechtliche Grundlagen, damit kommunenleichter gegen das Verkehrschaos vor Schulen vorgehen können. 

Städte und Gemeinden erhalten die Möglichkeit, zeitweise oder dauerhafte Straßensperrungen vor Schulen rechtssicher anzuordnen. Der neue Erlass reiht sich ein in die Landesinitiative MOVERS – Aktiv zur Schule.

Was sind Schulstraßen und Schulzonen?

Eine Schulstraße ist eine temporäre Sperrung, z.B. 30-45 Minuten zu Beginn und Ende des Schultags. Das bedeutet: in diesem Zeitraum dürfen keine Kraftfahrzeuge in die Straße einfahren.

Eine Schulzone ist dagegen eine dauerhaft autofreie Straße oder Platz vor einer Schule. Sie wird baulich so umgestaltet, dass sie langfristig Fuß- und Radverkehr den Vorrang gibt – zum Beispiel durch Poller, Spielstraßen-Gestaltung oder Verweilflächen.

Beide Modelle haben das gleiche Ziel: Das unmittelbare Schulumfeld soll frei von Autoverkehr und damit sicherer und ruhiger werden.

Rechtlicher Rahmen: Was ist neu und warum ist die Umsetzung jetzt einfacher?

Bisher taten sich viele Kommunen schwer, straßenverkehrsrechtliche Sperrungen vor Schulen anzuordnen. Laut StVO durften Durchfahrtsbeschränkungen nur erlassen werden, wenn eine qualifizierte Gefahrenlage nachweisbar war. Zudem mussten zunächst andere Mittel geprüft werden wie Appelle an Eltern, Tempolimits und Halteverbote.

Mit der StVO-Novelle 2024 (siehe unser Beitrag zum Thema) haben die Kommunen mehr Handlungsspielraum gewonnen. Nach §45 Abs. 1 Satz 7 StVO können Straßenverkehrsbehörden nun Maßnahmen zum Schutz der Umwelt, des Klimas, der Gesundheit oder zur Unterstützung einer geordneten städtebaulichen Entwicklung ergreifen und dazu den Verkehr beschränken, verbieten oder umleiten.

Schulstraßen und Schulzonen können nun rechtssicher mit Zielen wie Klimaschutz und Gesundheitsschutz begründet werden, anstatt Unfallstatistiken bemühen zu müssen.

Diesen neuen gesetzlichen Rahmen der StVO hat das Land jetzt aufgegriffen mit dem Erlass „Hinweise zur straßenverkehrsrechtlichen und straßenrechtlichen Umsetzung von Schulstraßen und Schulzonen“. Hiermit werden bürokratische Hürden aus dem Weg geräumt. Das Verkehrsministerium stellt klar, dass für Schulstraßen in der Regel kein aufwändiges Gutachten notwendig ist. 

Außerdem verpflichtet das neue Landesmobilitätsgesetz (LMG) §2 Abs.1 die Behörden in BW, bei Planungen die besonderen Anforderungen von Kindern und Jugendlichen an eine eigenständige sichere Mobilität zu berücksichtigen.

Gute Argumente für Schulstraßen - das könnt ihr im Rat anbringen

Mehr Verkehrssicherheit

Weniger Autoverkehr im Schulumfeld senkt das Unfallrisiko erheblich. Wo keine Autos vorfahren, entstehen keine gefährlichen Situationen durch Wendemanöver oder unübersichtliches Halten. Kinder können die letzten Meter zur Schule ungestört von Autos zurücklegen. Das schützt insbesondere die Jüngsten.

Wo die Strecke zur Schule sicher ist, können mehr Kinder zu Fuß, mit einem Tretroller oder mit dem Rad kommen. Das stärkt ihre Selbständigkeit, ihre Gesundheit und ihre Kompetenz im Straßenverkehr. Kinder lernen früh, sich sicher im Verkehr zu bewegen, anstatt abhängig vom Elterntaxi zu sein. Das ist ein Plus für ihre Entwicklung.

Jede eingesparte Autofahrt hilft, CO₂-Emissionen und Luftschadstoffe zu reduzieren. Schulstraßen sind somit auch Klimaschutz. Sie fördern den Umstieg auf nachhaltige Mobilität, denn viele Familien entdecken alternative Wege (zu Fuß, Rad, ÖPNV) für den Schulweg. Das entlastet langfristig auch die Straßen insgesamt und unterstützt städtebauliche Ziele einer kindgerechten, zukunftsfähigen Kommune.

Schulstraßen schaffen lebenswertere Räume. Durch die Verkehrsberuhigung gibt es weniger Lärm und Abgase, was die Lebensqualität für alle hebt. Für Kinder, Eltern und Anwohnende gleichermaßen. Die Umgebung der Schule wird zu einem sicheren und angenehmen Ort der Begegnung statt einer Verkehrsdrehscheibe.

Best Practice aus Baden-Württemberg

  • Kirchheim unter Teck gehört zu den ersten Kommunen, die in BW auf Grundlage des Erlass von 2025 (s.o.) eine Schulzone einrichten wollen.
  • In Ulm gab es 2023 einen Verkehrsversuch mit zwei Schulstraßen (mit Bürgerbefragung). Die Schulstraßen-Regelung wurde anschließen in den Bestand übernommen und gilt dauerhaft. Mittlerweile gibt es drei Schulstraßen. Weiter Informationen hier.
  • In Emmendingen (Windenreute) wurde 2025 eine Straße im Bereich einer Grundschule und eines Kindergartens für den Durchgangsverkehr gesperrt.
Bild von Katharina Eckert

Katharina Eckert

Referentin der Geschäftsführung

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