Wahlrecht für Personen mit gesetzlicher Betreuung

Der landtag will, den Wahlausschluss von Menschen mit einer gesetzlichen Betreuung gerade noch rechtzeitig vor den Kommunalwahlen generell aufheben. Wenn das Gesetz wie geplant am 4. April beschlossen wird, dann bleiben den Kommunen noch 10 Tage, um die bisher ausgeschlossenen Personen ins Wählerverzeichnis aufzunehmen.

Bei diesem Gesetzesentwurf geht es darum, eine verfassungswidrige Ungleichbehandlung im Wahlgesetz aufzuheben von der in Baden-Württemberg ca. 5.900 Menschen betroffen sind.
Für uns Grüne war und ist das inklusive Wahlrecht ein hohes Gut.

Das Bundesverfassungsgericht hat sich klar geäußert: Pauschale Wahlrechtsauschlüsse von in allen Angelegenheiten Betreuten sind eine Ungleichbehandlung und eine Benachteiligung von Menschen mit Behinderung. Das widerspricht dem Grundgesetz. Das wurde eindeutig festgestellt.
Gleichzeitig hat das Bundesverfassungsgericht aber offen gelassen, dass ein Ausschluss von den Wahlen zulässig sein kann – nicht muss, wenn jemand nicht hinreichend politisch kommunizieren kann.  Dazu müsste der Gesetzgeber die auszuschließenden Gruppen anhand von verfassungsrechtlich zulässigen Kriterien bestimmen. Der Deutsche Bundestag ist deshalb gehalten, vor der nächsten Bundestagswahl eine Neuregelung zu schaffen. Und es zeichnet sich ab, dass solche Kriterien nicht bestimmt werden können und daher Wahlrechtsausschüsse aufgehoben werden, auch im Bundesgesetz.
Die Neuregelung im Bund steht noch aus, deshalb muss jetzt das Land handeln. Wir sehen in einer Übergangslösung auf Landesebene den richtigen Ansatz. Denn diese berücksichtigt zwei zentrale Aspekte:

Erstens: Verfassungskonformität. Die pauschalen Wahlrechtsausschlüsse werden nicht mehr angewandt. Damit dürfen die betroffenen Menschen an allen Wahlen auf Landes- und kommunaler Ebene teilnehmen.
Wesentlich für uns Grüne ist, dass die Gesetzesänderung bereits bei der bevorstehenden Kommunal- und Regionalwahl zum Tragen kommt.

Zweitens ist es uns ein wichtiges Anliegen, die wahlrechtlichen Bestimmungen in bewährter Weise einheitlich auszugestalten, auf den Ebenen Europa, Bund, Land und Kommunen.
Daher trifft der Gesetzesentwurf keine Neuregelung, erzielt aber jetzt schon Gerechtigkeit und später Einheitlichkeit. Diese Auffassung teilen auch der Landkreistag, des Gemeindetag sowie der Städtetag von Baden-Württemberg in ihren Stellungsnahmen zum Gesetzentwurf der SPD. Diese Stellungnahmen bestätigen unseren Gesetzesentwurf. Wir Grüne bedauern es außerordentlich, dass es bei der Europawahl am 26.5. beim Wahlausschluss für vollbetreute Menschen bleiben wird. Dies haben die Regierungsparteien im Bund zu verantworten.
Erst letzte Woche fand erneut eine Debatte im Bundestag statt und es hätte dort die Möglichkeit gegeben, Wahlausschlüsse ersatzlos zu streichen. Dazu konnten sich CDU/CSU und SPD nicht durchringen, obwohl sie sich im Koalitionsvertrag ein „inklusives Wahlrecht für alle“ vorgenommen haben.
Es ist schwer vermittelbar, warum die 5.900 betroffenen Menschen in Baden-Württemberg bei der Kommunalwahl teilnehmen, aber bei der zeitgleichen Europawahl nicht abstimmen dürfen.
Die Bundesgesetzgebung  liegt nicht in unserer Hand.
Als Landesgesetzgeber gestalten wir hingegen das verfassungskonform, was in unserer Zuständigkeit liegt.

Vor zehn Jahren hat die Bundesregierung die UN-Behindertenrechtskonvention ratifiziert. Deutschland bekannte sich damit zur umfassenden Inklusion von Menschen mit Behinderung.
Damit ging das Versprechen einher, Menschen mit Behinderung gleichberechtigt an der Gesellschaft teilhaben zu lassen. Teilhabe ohne Wahlrecht ist undenkbar. Mit unserem  Gesetzesentwurf gehen wir ohne weiteren Aufschub einen wichtigen Schritt zu einem inklusiven Baden-Württemberg. Damit können vollbetreute Menschen mit Behinderung endlich politisch teilhaben.

(Ute Leidig MdL)

Gesetzentwurf zur Wahlrechtsänderung

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